Immer auswärts, aber Zuhause

                
Der 5. Gastbeitrag.


Es ist eine ganze Weile her, als ich das letzte Mal im Bremer
Weserstadion war. Schon irre, nie ein richtiges Heimspiel vor der
Tür zu haben. Man fährt immer auswärts. Egal ob Weserstadion, Berlin, Freiburg
oder Frankfurt. Ich muss zugeben, ich beneide die Menschen, die
am vergangenen Sonntag mit dem Fahrrad nach Hause gefahren
sind. Für mich bleibt jedes Mal der ICE, rollende Koffer und ein
überfüllter Bahnhof. All das nimmt man in Kauf, um seine Mannschaft zu sehen, zu jubeln, den Alltag hinter sich zu lassen und für 90 Minuten
abzufeiern und zu supporten, als gäbe es kein Morgen mehr.
Fan zu sein, hat schon Therapie-Charakter. Wann bekommt man
denn sonst die Gelegenheit (ohne verrückt gehalten zu werden,
obwohl das beim Fußball ja auch oftmals der Fall ist) sich seinen
Frust mit anderen tausend Menschen von der Seele zu schreien
oder lauthals mitzusingen?
Fußball ist mein Ventil. Euphorie, Tränen und Freude. Zudem lernt
man immer neue Menschen kennen.
Aber ich will gar nicht zu viel erzählen. Dies ist der nächste
Gastbeitrag aus der Feder von Nicola Kellin. Ich kenne Nicola schon
viele Jahre aus meiner Münchener Zeit und ich kann euch
versprechen – mit keinem anderen Menschen macht die Kurve so
viel Spaß als mit Ihr. Wir haben bereits so viele Auswärtsspiele
besucht und könnten so viele Anekdoten erzählen, die für einen
eigenen Beitrag ausreichen.
Mein Lieblingszitat von Ihr, als ich durch all die Fahnen in der
Kurve eine Standardsituation nicht sehen konnte: „Du bist nicht hier um Fußball zu gucken, sondern für das Erlebnis!“
Und genau das mein ich – aber liest selbst. AUF EIN SPIEL!

Turbulente Zeiten


Es sollten eigentlich feierliche 10 Tage werden, doch es kam alles
ein bisschen anders. Beginnen wir am Anfang.
Vergangenen Freitag machte ich mich mit zwei Freundinnen auf
den Weg nach Dresden. Dort stand am Samstag das SEED-Konzert
auf dem Programm. Das erste Spiel von Werder in
Dortmund, das ich in dieser Saison nicht im Stadion sah.
Eine kleine Information, die schnell sehr wichtig wird. Beruflich bin
ich Veranstaltungskauffrau und organisiere für eine Agentur, die in der
Nähe von München ansässig ist – Fortbildungen für Ärzte, die wir
dann mit verschiedenen Tagungsleitern in ganz Deutschland
durchführen.
An besagtem Samstag war eine solche Fortbildung in Dortmund geplant. Der ärztliche Leiter und ein Referent sind Dortmund-Fans. Das war in der Vorbereitung der Veranstaltung bereits Thema und es dauerte nicht lange, dass ich am Morgen Bilder vom Bremer Bus mit Ole Werner bekam.
Ich hatte das Hotel als Location ausgesucht, in dem die Bremer Jungs schlafen sollten. Ein bisschen frustriert, dass ich diese Veranstaltung aufgrund des Konzertes nicht selbst machen konnte, verbrachten wir natürlich trotzdem einen schönen Tag in Dresden und ich schaute am Nachmittag das Spiel bis zur
89. Minute in einer Bar. Merkst’e was?!

Ein schönes Wiedersehen


Durch den Einlass-Start mussten wir uns dann schon auf den Weg machen, sodass ich das furiose Ende nur im Live-Ticker mitbekam. Nachdem dann eine Woche in Berlin folgte, mit der standesamtlichen Hochzeit meiner Schwester und einem abgesagtem (aufgrund von Unwetter) Ärzte-Konzert ging
es am Sonntagmorgen nach Bremen. Pünktlich gegen 15 Uhr kam ich am Hauptbahnhof an.

3 Freunde mit dem Weserstadion als Hintergrund
Ein Bier mit guter Unterhaltung geht einfach immer!


Aufgrund von Stau, war da der Fanmarsch schon fast unerreichbar. Nach langer Zeit traf ich mich dort auch mit Nadine, um wieder zusammen ins Stadion zu gehen.Das letzte Mal haben wir uns kurz in Nürnberg gesehen und
das, obwohl unsere Wohnorte München – Würzburg nicht allzu weit
entfernt liegen. Lange habe ich mich auf das Spiel gegen Frankfurt gefreut.
Zusammen mit einem Kumpel machten wir uns dann schon auf den Weg Richtung Stadion. Wir trafen an der Litfaßsäule vor der Ostkurve noch ein paar alte Gesichter und schwelgten in Erinnerungen, wie man sich vor ein
paar Jahren durch Zufall in der Straßenbahn kennenlernte und am nächsten Morgen auf der Weihnachtsfeier für Fanclubs wieder traf. Seither sind wir in Kontakt und tauschen für die Fanclubs gegenseitig Karten fürs Stadion etc.

Sonne im Weserstadion - im Fokus das Stadion und das Spielfeld
Here comes the sun!

Die Sonne im Gesicht


Und so schnell vergehen auch die Minuten und wir sind erst gegen
kurz vor 17 Uhr in der Ostkurve – die schon sehr gut gefüllt ist. Wir
finden ein sonniges Plätzchen, an dem uns die Ordner stehen lassen und tauschen uns mit anderen Fans noch etwas über Werder aus.
Wir können es gar nicht erwarten, bis das Spiel beginnt und schon
stimmen die Ultras erste Gesänge ein. Egal wie oft ich diese
Melodien höre, es geht durch Mark und Bein und man ist sofort
dabei und feuert die Mannschaft an und peitscht sie bei Bedarf auch
über den Platz. Erst zu Spielbeginn bemerken wir, wie sehr die Sonne blendet,
aber da müssen wir jetzt durch. Wie heißt es so schön, man ist nicht
im Stadion um das Spiel zu sehen, sondern für das Event und die
Feier an sich.

Freunde im Vordergrund in der Ostkurve im Weserstadion
Im Weserstadion lernt man einfach immer nette Menschen kennen

Schlag auf Schlag


Das erste Tor fiel leider viel zu schnell und für einen kurzen Moment
war die Ostkurve still. Damit hat wohl keiner gerechnet. Einmal schütteln und weiter geht’s. Das Spiel ging munter hin und her bevor irgendwie aus dem Nichts das Tor von Antony Jung fiel. Im Nachgang in der Wiederholung gesehen war das Tor wirklich knapp, aber es brachte die Ostkurve zum Brodeln. Wir kannten es ja aus den vergangenen Spielen, dass Bremen zurücklag und sich dann wieder aufrappelt und anfängt Tore zu schießen. Kurz danach machte Leo Bittencourt auch schon den 2:1 –Führungstreffer. Mit dem Kopf und bei der Größe.

Leider gab es in diesem Spiel zu viele individuelle Fehler. Friedl wirkte ein bisschen neben der Spur und Bittencourt musste früh verletzt ausgewechselt werden, sodass Frankfurt das Spiel noch einmal drehen konnte. Nur durch eine Abseitsstellung konnten wir von Glück sprechen, dass es nicht schon zur Pause 2:4 stand. Dennoch werde ich das Gefühl nicht los, dass auch der Schiedsrichter heute keine klare Linie hatte und in den gleichen Situationen unterschiedlich gepfiffen hat.

Spannend bis zur letzten Minute


Der Großteil der zweiten Halbzeit verlief ereignislos, bis dann
Marvin Ducksch im Strafraum am Fuß getroffen wurde und sich der Schiedsrichter nach dem Hinweis des Kölner Kellers die Szene noch einmal anschaut, und auf den Punkt zeigt. Den Elfmeter verwandelt Füllkrug sicher und es gab noch einmal ein Ruck, durch das gesamte Stadion. Alle gaben lauthals alles. Fast, aber auch nur fast wäre „Last Minute-Men“ Burke wieder
erfolgreich gewesen, als er mit einer Flanke den Frankfurter zu
einem Eigentor gezwungen hat. Leider ging der Ball sehr knapp über die Latte und es folgten drei Eckbälle, die nicht mehr verwandelt werden konnten.

Werder Fankurve mit hochgehobenen Schals im Stadion
Werder Bremen – ein Leben lang!

Fazit


Ja, die Abstimmung der Abwehr mit Pavlenka könnte besser sein
und wir müssen jede Woche wieder 120% geben und bei der Sache sein. Aber das, was ich bisher in dieser Saison auf dem Platz gesehen habe, stimmt mich zuversichtlich und ich freue mich auf die restlichen Spiele. Nach dem Spiel und der Verabschiedung der Mannschaft ging es für ein abschließendes Bier in Richtung Ostkurvensaal, wo weitere bekannte Gesichter warteten. Da merkt man wieder, was für eine Große Fan-Familie Werder hat. Eine Familie, in der man gerne Mitglied ist.
So viele liebe Menschen habe ich bisher mit, durch oder über
Werder kennengelernt, die ich in meinem Leben nicht mehr missen
möchte – Nadine ist eine davon.

Danke für deinen Beitrag Nicola. Falls euch der Content von Nicola gefallen hat, schaut gerne auf ihrem Instagram Account unter „niundke“ vorbei.

Ewige Liebe 

Ich bin wieder zurück. Der Blog ist zurück. Nach einer viel zu langen Pause, hat es mich wieder ins schöne Weserstadion gezogen – und an die Tastatur. Warum es so lange gedauert hat, bis ihr wieder von mir lesen könnt und wie das Drumherum und das Heimspiel gegen Leverkusen aus meiner Sicht verliefen, erfahrt ihr hier.  Herzlich Willkommen zurück – Auf ein Spiel.

Verdammt lang her,…

…als mein letzter Beitrag online ging. Ich möchte kurz erläutern, warum. Mittlerweile wohne ich nicht mehr in München. Würzburg ist nun die Stadt aus der diese Zeilen stammen. Job gewechselt, Umgebung gewechselt, der Verein aber ist immer noch der gleiche. WERDER BREMEN. In der Rückrunde gibts wieder mehr zu lesen. Mein letzter Beitrag ging auch über das Heimspiel gegen Leverkusen. Heute beginnt wieder alles hier.

Werder Fans vor der Bremer Botschaft. Einem Grünen Haus mit Werder Logos drauf
Willkommen in der Botschaft

Halt dich an deiner Liebe fest

Endlich. Spieltach. Ewig habe ich meine Freunde aus München nicht gesehen. Das große Wiedersehen dann endlich Sonntagmittag in der Bremer Botschaft » Danke an Olaf für die wundervolle Gastfreundschaft! Nach einem kurzen Plausch geht es in das Herz Bremens, um den ein oder anderen Neuling das Bremen zu zeigen, das wir kennen.

Werder Fans stehen vor den Schweinen der Sögestraße in Bremen
Ende der Führung: Sögestraße. Das sollte genug Glück bringen

Diese Gespräche und diese Art Humor habe ich vermisst. Ziemlich kalt hier oben im Norden. Hätte ich eigentlich wissen müssen. Mein dünner Mantel hält mich nur bedingt warm. Aber wie man im Rheinischen sagt: „Das wärmste Jäckchen ist das Cognäckchen.“ Gott sei Dank gab es im Stadion Glühwein.

Den ersten zum Glück schon auf dem Marktplatz mit einer Tüte Schmalzkuchen. Bremen, ich habe dich vermisst. Ich sehe dich mit ganz anderen Augen. Ich bin hier aufgewachsen, habe hier meine ersten Schritte gemacht. Ich liebe diese Stadt.  Ein kleiner Abstecher in die Union Bar steht noch an. Wer hier noch nie war: Das Bier ist unwahrscheinlich gut und die Auswahl hält für jeden Geschmack etwas bereit. Nun aber auf ins Wohnzimmer.

Werder Fans vor der Unionsbar in Bremen mit Werder Schal
Auswärts zum Heimspiel. Danke an Andreas Gums für dieses schöne Foto

Endlich angekommen, treffe ich auf die ersten bekannten Gesichter. All das hat mir gefehlt. Endlich wieder ein Fischbrötchen mit ordentlich Remoulade und ein Haake Beck. Meine Welt. Diese kleinen Dingen machen mich glücklich. Was natürlich nicht heißen soll, dass ich hier keinen Sieg sehen möchte.

Apropos

Da war ja was. Anpfiff – endlich. Nach zwei Minuten ahnte ich Böses. Ich wusste, dass das Gegentor nicht lang auf sich warten ließ. Und richtig. Nach 8 Minuten Spielzeit steht es schon 0 : 1 für die Gäste. Ja, das fühlt sich so an, als würde dir dein bester Freund eine ins Gesicht feuern. Und das tut weh. Die Stimmung ist dennoch famos. Aber  bei Werder stimmt irgendwas nicht. Man merkt, auf dem prunkvollen Schiff ist heute irgendwo ein Leck durch das Wasser dringt. Jeder Spieler sucht danach. Dann aber in Minute 38 das 0 : 2! Das Schiff hat einen zweiten Treffer bekommen und läuft weiter mit Wasser voll. Es weht ein rauer Wind durch das Weserstadion. Es ist kalt. Die Stimmung bleibt gut. Schockgefrostet durch die Kälte und das bisherige Ergebnis. 7 Minuten später steht uns dann das Wasser bis zum Hals. 0 : 3. Halbzeit.

Das Weserstadion in voller Pracht im Flutlicht
Gleich geht es los. Endlich wieder Weserstadion – bei Flutlicht

Sprachlos. Alle. Irgendwie kann ich das Spiel nicht mehr ernst nehmen. Elia bringt zur Pause einen tollen Spruch, den sich jeder merken kann und an dem soviel Wahres dran ist: „Die haben in 45 Minuten 3 Tore geschossen, dann können wir das auch noch.“ Damit hat er recht, denke ich mir. Also mit neuer Hoffnung wieder volle Kraft voraus in die nächsten 45 Minuten. Bei vielen anderen Bundesligisten wäre die Stimmung nicht so famos wie die unserer Fans. Beim Anpfiff der zweiten Hälfte sage ich noch: „Wenn wir schon so ein Spiel sehen, dann schießt Pizarro ein Tor.“ Ein kleiner Trost wäre das.

Tatsächlich wechselt Kohfeldt Pizarro für den heute nicht so überragenden Friedl ein. Wir schreiben die 60. Minute am 9. Spieltag 2018. Pizarro trifft für uns das 1 : 3. Dieser Schrei. Soviel Befreiung. Endlich! Gänsehaut. Wir liegen uns in den Armen. Kein anderer mit der Nummer 4 – Claudioooooo – PIZARRO! Die ganze Kurve brüllt seinen Namen. Da kommen Kindheitserinnerungen auf. Die Werderlegende rüttelt alles wach. 2 Minuten später trifft Osako für uns. Es steht 2 : 3. Ich raste aus. Tränen in den Augen. Lauthals schreien wir alles raus was geht, um die Mannschaft anzufeuern. Ich denke wieder an Elias Worte.

Wasser Marsch

Gesundheitlich ist das Spiel eine Katastrophe. Jeder Arzt würde den Kopf schütteln. Euphorie für 5 Minuten. Danach trifft Leverkusen – 2 : 4. Wieder läuft Wasser  in das Schiff. Jede Rettung kommt zu spät. Am Ende steht es 2 : 6. Es ist die höchste Niederlage, die ich selbst miterlebt habe. Das Schiff ist gesunken. Das tut weh. Die Jungs aber spielen so eine geile Saison. Die Mannschaft kommt zur Kurve. Wir klatschen. Weil auch der Beste Kapitän Fehler machen kann. Ich bin mir sicher: Wir bekommen wieder Fahrwasser! DANKE JUNGS, für das große Ganze. Ihr spielt spitze dieses Jahr.

Leeres Weserstadion mit Flutlicht
Abpfiff. Die härteste Niederlage in meiner Geschichte

Danach gibt es noch einen Glühwein gegen die Kälte und ein Fischbrötchen. Tradition muss sein. Wir haben Spaß. Auf ins Haifi! Auf diesen Teil des Abends freue ich mich schon seit der Hinfahrt. Da wartet noch ein tolles Wiedersehen auf mich. An dieser Stelle eine kleine Lobeshymne auf Heiko. Deine gute Art, gute Laune, dein Lachen und deinen Humor. Einer der herzlichsten Menschen, die ich kenne. Es ist immer wieder schön, in das Haifischbecken zu kommen. Es sind nicht die vier Wände die es ausmachen, du bist das.

Barmann an der Haifischbecken Bar mit zwei Bier in der Hand
Heiko heißt jeden Willkommen

Das Haifischbecken

Für alle die es nicht kennen: 10 Jahre gibt es das Haifi. Vor dem Steintor. Es locken die Besten Mexikaner und andere liquide Freuden. Beste Stimmung vor und nach dem Spiel.  Hierherzukommen, ist wie zuhause noch ein Feierabendbier zu trinken. Gastfreundschaft wird großgeschrieben. Faschos haben hier keinen Platz. Ebenso auch keine Sky Anwerber. Das Haifi lebt in seiner eigenen kleinen Welt und die ist perfekt so wie sie ist. Weg von Kommerz und Konsum.

Logo vor der Tür mit der Aufschrift: Haifischbecken
Das Haifischbecken

Die Tür geht auf: Eine warme Umarmung, im wahrsten Sinne des Wortes, empfängt mich. Wir lassen den Abend ausklingen.

 

Hai im Haifischbecken
Der Name ist Programm

 

Fazit: Klar war das Ergebnis bitter, keine Frage. Aber es ist das große Ganze dahinter. Mal verlierst du, mal gewinnst du. Alles weiß man erst zu schätzen, wenn man beide Seiten gesehen hat. Wollen wir mal realistisch bleiben. Man wird nie nur Siege sehen. Ich hatte gerade deswegen einen tollen Tag und einen tollen Abend in meiner Heimat. Wer denkt, uns Fans damit ärgern zu können – falsch. Wie wir Dinge sehen, können wenige verstehen. Doch so sehen wir das Leben. Das große Ganze. Der eine Verein. Ewige Liebe. Das was in uns verankert ist, können andere nur erahnen. Treue, Mut, Hingabe.

Der SVW wird niemals untergehen!

 

 

 

Mein Heimspiel – 3x ist Bremer Recht

Das letzte Spiel der Saison steht an. Nicht irgendwo – Nein – im Wohnzimmer. Ich bin wieder einmal Zuhause und nehme euch mit. In 3 Teilen erzähle ich euch vom Spieltag, meiner Heimat und warum es toll ist, Bremer zu sein. 

„Abschweifen erlaubt“ ist hier das Motto. Also lehnt euch zurück, lasst euch berieseln und inspirieren, den nächsten Ausflug nach Bremen mit anderen Augen zu sehen. Los geht’s.

Jetzt ist sie weg…

Bremen. Mehr als nur Heimat. Der gesamte Norden hat eine besondere Bedeutung für mich. 

Meine Eltern sind 1996 nach Bayern gezogen. Da man mit 6 Jahren noch nicht wirklich Mitspracherecht hat, musste ich mit. Ich weiß bis heute nicht wie sie meinen großen Bruder bestochen haben, der damals 15 Jahre alt war. 

Ich mit 5 Jahren. Im Werder Trikot im Werder Zimmer
SVW – seit ich denken kann. Und es gibt einen Beweis: Auf dem Foto bin ich 5 Jahre alt

Das schlimmste waren nicht mal das Haus oder die Umgebung. Viel mehr war die bayerische Mentalität das Problem. Eine völlig neue Welt und was mir am meisten fehlte, war meine Familie. Klar, meine Eltern waren immer da. Dennoch fielen riesige Säulen weg, die ich sonst jeden Tag um mich hatte. Meine Großeltern, Geschwister, Onkel und Tanten. Alle weg. Freunde aus dem Kindergarten… weg. 

Schule war der reinste Horror. Niemand kannte Bremen. Man hänselte mich, weil ich ihren Dialekt nicht sprach oder verstand. Weil ich anders war. Und etwas, das ich selbst in jungen Jahren verteidigte, war dieser eine Fußballverein, dessen Trikot in Grün-Weißem Glanz leuchtet. Werder Bremen.

Blick auf ein Plakat, das am Weserstadion hängt mit der Aufschrift: Für Euch
Für Euch hab ich das alles getan

Ein Riesen Patzer von Oli Kahn

Hach, das ist Musik. Ich habe wirklich viel für diesen Verein eingesteckt. Unglaublich wie grausam Kinder sein können. Sie hatten doch alle keine Ahnung. 2004 war dann alles anders. An dem Tag, als wir im Olympiastadion in München mit 3 : 1 die Bayern „wegfegten“ und Deutscher Meister wurden, da drehten wir in unserer Familie wirklich durch. Den Montag danach könnt ihr euch nicht vorstellen. Ich fühlte mich großartig. Sonnenbrille auf, Werder Trikot an. Die Sonne schien. Die Schultür zur Aula öffnet sich und im Hintergrund läuft ein Ghettoblaster der „Man in Black“ aus dem gleichnamigen Film mit Will Smith, zum Besten gibt. 

Ja, so ähnlich war das damals☺. Kurze Zeit darauf schnappte sich der SVW dann auch noch den DFB Pokal und wir waren Double Sieger. Ich erinnere mich noch gut daran, dass mein Bruder auf der Couch saß und Tränen in den Augen hatte. Wir freuten uns aus tiefstem Herzen. Meine Mutter meinte damals zu mir: „Das wirst du vielleicht nie mehr erleben.“ Sie war schon immer optimistisch☺. Das ist Leidenschaft. Wir werden vielleicht nicht jedes Jahr Deutscher Meister wie der FC Bayern. Aber wir wissen es zu schätzen, wenn der Zeitpunkt da ist. 

Wo die Weser einen großen Bogen macht

Der richtige Zeitpunkt ist übrigens auch jetzt da. Die Sonne strahlt über das Bremer Weserstadion und wir sind voller Vorfreude auf das letzte Spiel in der schönsten Stadt. Nach einer Fischfrikadelle im Brötchen und einem leckeren Stadion Bier, könnte die Laune nicht besser sein. An dieser Stelle möchte ich DANKE für so gutes Bier sagen. Herr Haake Beck – Sie sind der Beste☺! Das vermisse ich immer wieder auf Auswärtsfahrten. Gutes Bier! 

Blick auf das Weserstadion von Außen hinter den Grünanlagen
Das Weserstadion strahlt hinter den Bäumen empor

Danke für euer Engagement

Bei gemütlichem Schnack in der Sonne, entdecke ich am Rande der Straße einen Stand. Ich habe in der Augsburger Punktekiste schon einmal über diese Aktion berichtet.

Drei Werder Fans stehen vor dem Stadion mit einem Becher Bier in der Hand und genießen das gute Wetter
Bestens gelaunt vor dem Stadion

Ich finde die Arbeit, die diese Herrschaften da machen aber so unendlich gut, dass ich hier noch ein paar Zeilen über sie schreiben möchte. DAUMEN HOCH! Ein Thema, das nie unterschätzt werden darf. Bei meinem letzten „stöbern“ in diversen Foren auf Facebook, stieß ich auf den Beitrag über diese Kampagne. Darüber, dass Werder hier weiterhin tatkräftig unterstützt.

Ich war ziemlich verwundert, als ich dann über die Kommentare stolperte. Viele negative Statements. Da muss ich an dieser Stelle wirklich mal was loswerden: Solche Aktionen sind erforderlich, weil dieses Land unendlich viele Bürger hat, die der Meinung sind, ihre Herkunft macht sie zu etwas besonderem. Nicht nur Farin Urlaub hat das erkannt:

„Solange es Leute gibt, die nichts können, nichts wissen und nichts geleistet haben, wird es auch Rassismus geben. Denn auch diese Leute wollen sich gut fühlen und auf irgendwas stolz sein. Also suchen sie sich jemanden aus, der anders ist als sie, und halten sich für besser. Oder sie sind bekloppterweise stolz darauf, deutsch zu sein, wozu keinerlei Leistung ihrerseits nötig war.“

Dieses Zitat, gab der Musiker dem Magazin „Frizz Halle“ und stieß eine Diskussion an, die ich auch aufgreifen möchte. Wenn von ihm auch nicht auf Fußball oder Stadien bezogen, steckt Wahrheit in seinen Zeilen.

Blick auf den Stand der Aktion: Nazis Raus aus den Stadien
Im Ostkurvensaal geht die Aktion in die 2. Runde

Bei mir fing es in der Schule an. Ich war anders, weil ich nicht aus Bayern kam. Stolz bin ich drauf! Zwar schlug mir keine körperliche Gewalt entgegen, doch wurde ich auf sehr verletzende Art gehänselt, weil ich anders war – und Flagge gezeigt habe. Das tue ich bis heute. Ich habe mich nie versteckt und das tue ich auch heute nicht. Ich habe mir ein T-Shirt gekauft – genau an diesem Stand.

Nazis raus aus den Stadien!

Auf dem dunkelgrünen Shirt steht: „Nazis raus aus den Stadien“ Und ich werde nicht eher aufhören darüber zu schreiben, bis wir den allerletzten Nazi aus jedem Stadion verbannt haben. Es gibt nur eine Art von Mensch, die ich wirklich verachte und das sind die, die bis heute nicht verstanden haben, dass ein Mensch niemals über das Leben oder den Tod eines anderen entscheidet. Schon gar nicht aufgrund seiner Herkunft. Wenn ich dann diese Kommentare lese, weiß ich, dass hier noch viel mehr passieren muss.

Also kauft euch ein Shirt. Unterstützt die Kampagne. Guckt Jan Böhmermann. ☺ (Unabhängig von allem – Bremer sind eben die Besten). Schreit es raus und tragt ein Stück Menschlichkeit in die Welt. Wählt nicht die AFD. Verfolgt meinen Blog und hängt eure Zähne häufiger an die Luft zum Trocknen. 

Frontaufnahme des Standes der Aktion Nazis Raus aus den Stadien im Freien
Guter Zweck und gutes Zeug

Zurück zum Stadion

Endlich geht es in den Block. Ostkurve. Oh du schönes Weserstadion, wie ich dich vermisst habe. Das letzte Mal gegen Stuttgart war ich hier. Wir sind Fanclub des Jahres geworden. Es war kalt. Heute scheint mir die Sonne ins Gesicht. Ich treffe Freunde und es gibt gutes Bier von Herrn Beck. Jetzt müssen nur noch 3 Punkte her und eine Niederlage vom HSV. DRINGEND! Das Abrisskommando für die Uhr im Stadion steht bereit. Wartet auf Freigabe… 

Blick auf das Spielfeld im Weserstadion
In wenigen Minuten wird das letzte Heimspiel angepfiffen

Nicht nur das letzte Heimspiel der Saison steht an, sondern auch das letzte von Zladdi. Dazu komme ich später noch. Jetzt gehen erst einmal die Arme hoch. Nicht nur meine – ALLE. Jeder Fan hält seinen Werder Schal hoch und es ertönt eine Melodie aus dem Off. Die Zeilen beginnen mit: „Was für ein Jahr wir waren immer voll da…“ Ja, das waren wir. Mehr als nur dabei. Kilometerweit gereist. Viel erlebt und nie kam Spaß zu kurz. Freundschaften wurden geschlossen, Tore bejubelt, Tränen vergossen. Wir waren wirklich immer da. 

Fünf Freunde im Weserstadion
5 Freunde sollt ihr sein

Als wir die Hände hochheben und den Werder Schal zeigen, bekomme ich Gänsehaut. Mein Freund, der noch nie im Weserstadion dabei war, ebenfalls. Da springt der Funke über. Da gehört jeder zusammen. Und auch wenn wir dieses Jahr nicht im DFB Pokal Finale stehen oder Deutscher Meister geworden sind, klatschen wir Werder Applaus. Ich stehe in der Kurve, mit dem breitesten Lächeln im Gesicht. Zufrieden mit dem was ist. Einfach nur da als ein Teil vom großen Ganzen und lasse den Moment einfach sein und singe lauthals mit. 

Werder Bremen – Lebenslang Grün-Weiß. Wir gehör’n zusammen – ihr seid cool und wir sind heiß.

Wie es weitergeht und was noch so alles kommt – Nächste Woche im 2. Teil!