Dieses Jahr ist alles anders. WM – einmal hin und zurück. Auch ich melde mich aus der Bundesliga Pause zurück um zu berichten, wie ich die Spiele um die begehrte Trophäe sehe – und wie verärgert über die Reaktionen im Netz bin. Warum das alles typisch Deutsch ist, liest ihr hier.
2018 – ein ganz besonderes Jahr
Für mich definitiv, denn auch wenn ich sonst euphorisiert von einer anstehenden Weltmeisterschaft war, bleibt das Gefühl dieses Jahr aus. Wenn ich mich so umhöre, kein Einzelfall. Da ist schon von Beginn an der Wurm drin.
Am 14.6 war es soweit. Russland eröffnet das Turnier gegen Saudi Arabien mit Pauken und Trompeten. Am Ende steht es 5 : 0 für Russland. Hätte mir jemand anfangs gesagt, dass die Gastgeber im Viertelfinale stehen, hätte ich ihn wohlmöglich für verrückt erklärt. Das zieht sich wohl durch den kompletten Turnierverlauf.

Spanien, Portugal, Deutschland, und Argentinien haben früher als erwartet, die Heimreise angetreten. Ich bin schockiert. Verrückte WM. Kleine Vereine wie Uruguay, Schweden, Russland, und Japan kristallisieren sich heraus. Es ist das Turnier der überraschenden Mannschaften.

18 Karat Gold
Hier noch ein paar Fakten über den heißbegehrten Pokal nach dem sich alle sehnen.
- Von 1930 – 1970 hieß die Trophäe „Jules-Rimet-Pokal“;der Name stammt vom damaligen FIFA Präsidenten Jules Rimet
- Dieser Weltpokal wurde nach dem 3. Titelgewinn an Brasilien übergeben. Dort blieb er, wurde gestohlen und vermutlich eingeschmolzen.
- 1973 wurde in der Mailänder Gold- und Silberschmiedewerkstatt ein neuer Pokal hergestellt, bis heute die legendäre Siegestrophäe, zuerst in den Händen der Deutschen National-Elf 1974
- Aufbewahrt wird er in Zürich im FIFA World Football Museum
- Der Pokal wird dem Gewinnerteam nur bis zur Abreise gewährt, danach bekommt das Team lediglich eine vergoldete Nachbildung aus Bronze
- 40 cm hoch und 6175 Gramm schwer – 5 Kilogramm bestehen dabei aus 18 karätigem Gold. Der Wert wird über 100.000 Euro geschätzt

Geplatzte Träume
Irgendwie hat es diesmal nicht gepasst. Deutschland spielt gegen Mexico. Ich verfolge es nur halbherzig zuhause – kein Public Viewing, keine Stimmung, kein gutes Spiel. Nach der ersten Halbzeit wird klar, wir schließen uns wohlmöglich dem Ritual an und scheiden, nachdem wir den Titel vor 4 Jahren holten, in der Gruppenphase aus. Keine schönen Zusammenspiele, kein Zusammenhalt. Die Mannschaft wirkt irgendwie zerrissen. Teils bestimmt durch den Medienrummel im Vorfeld um Mesut Özil und Gündogan, teilweise merkt man aber, dass der gesamte Flow fehlt.
Deutschland vergibt die ersten Punkte im Spiel gegen die Mexikaner und ich suche vor Schock, erstmal einen Tequila! Ich hatte es irgendwie im Gefühl.
Halb so wild, denn ich muss mich auch als klarer Fan der Three Lions outen – und drücke weiterhin den Engländern die Daumen.

Das zweite Spiel dann doch ein kleines Public Viewing in Würzburg in guter Gesellschaft. Der 6. Möller manlift Charity Cup stand am besagten Wochenende an, als die Deutschen abends gegen die Schweden antreten mussten. In letzter Sekunde gelang es der Elf noch, die Schweden mit einem 2 : 1 zu bezwingen. Als dann aber im letzten Spiel die Südkoreaner, Jogis Jungs mit einem 2:0 vom Platz fegten, stand fest: Deutschlands erstes Vorrundenaus.
Aus der Traum vom Achtelfinale, weiterkommen und weiteren Fußball-Abenden im Schwarz-Rot-Gold Trikot. Ab nach Hus, wie man im Norden so schön sagt. Ab nach Hause. Für schlechte Leistungen wird man eben nicht belohnt.

Typisch Deutsch
Kommen wir nun zu dem Thema, dass ich mir unbedingt von der Seele schreiben muss. Die Mentalität der Deutschen. Um gleich die Missverständnisse auszuräumen. Ich wurde hier geboren und schäme mich häufig sehr für unser Verhalten. Wer einmal Urlaub in Europa oder auf anderen Kontinenten gemacht hat, weiß, wovon ich hier rede. Es sind schon lange nicht mehr die Tennissocken die bis zu den Knien aus Sandalen ragen. Wir deutschen sind einfach nie zufrieden. Nie! Das geht bei kleinsten Dingen los und hört beim sprichwörtlichen Elefanten auf.
Panama verliert gegen England mit 6 : 1. Das Video der Panamaer machte in Facebook seine Runde. So kenn ich es, wenn Werder spielt. Wir rasten komplett aus, wie diese Fans in dem Video. Ja, auch bei dieser Niederlage ist die Stimmung großartig. Wie Deutschland auch, scheidet Panama in der Vorrunde aus. Was aber bleibt, ist dieses Video, das bis heute noch im Internet kursiert.

Show and Shine
Als feststeht, dass Deutschland ebenfalls ausscheidet, ist das Geschrei groß. Auf der Facebook Timeline stehen gehässige, bösartige, schlimme Aussagen. In keinen einzigen Kommentar hab ich gelesen, dass jemand traurig und enttäuscht ist. 2014 waren dann auf einmal alle die größten Fußball Anhänger, die die Welt je gesehen hat. Typisch Deutsch. Nur am Nörgeln und jammern. Nichts ist gut genug.
Ich weiß genau wie sich das anfühlt, nicht die Leistungen zu sehen, die man sich vielleicht erhofft hatte. Willkommen in meiner Welt. Ich habe aber nie etwas Schlechtes über meinen SVW geschrieben. Das mein ich mit „bedingungslos“. Es läuft nicht immer alles nach Plan. Zu gerne würde ich sehen, was die spanischen Fans über Ihr Ausscheiden geschrieben haben.
Ich glaube nicht, dass das ein Vergleich zu den Hasstiraden ist, die aus den deutschen Fans sprudelten. Die Bezeichnung Fan ist auch ein wenig übertrieben – glaube ich. Denn Fan sein bedeutet auch zu wissen, dass es mal nicht so gut ausgehen kann.
Diese Stimmung ist langsam wie der Ring in dem Film „Der Herr der Ringe“ geworden und frisst uns auf, je länger wir uns mit ihr umgeben. Wut steckt an – genauso wie Jammer. Wir müssen mal wieder lernen zu lachen. Spaß am Leben zu haben und nicht nur immer schimpfen und meckern. Dazu ist die Zeit, die wir hier verbringen zu kurz. Also macht mal wieder was anderes.
Für den guten Zweck
Ich möchte euch noch etwas über den Charity Cup erzählen, den ich weiter oben schon erwähnte. Dieses Jahr habe ich das erste Mal bei dieser Veranstaltung mitgeholfen, die vom Projekt Würzburg e.V. ausgetragen und organisiert wurde. Viele andere tun das schon, seitdem es diese Veranstaltung gibt bzw. haben dieses „Projekt Würzburg“ ins Leben gerufen. Es verzaubert mich immer wieder, dass es auch, statt den meckernden Menschen, auch jene gibt, die gutes für ihre Mitmenschen tun. Jeder auf seine Art und Weise verzaubert mich.
Es war das 6. Mal, dass um den besagten „Möller manlift Charity Cup“ gespielt wurde. 29 Mannschaften kamen zusammen und kickten für den guten Zweck. Letztes Jahr war sogar unser Frank Baumann im Promiteam vertreten.
Über die letzten Jahre kamen im Zuge dessen über 60.000 Euro zusammen, die wiederrum in wohltätige Organisationen und Projekte flossen. Im Fokus stehen dabei Projekte wie den Skatepark Würzburg e.V., Projekt Rückenwind oder Herzenswunsch der Malteser. Gespendet wird alles. Helfer bekommen als Entlohnung das Gefühl, etwas zurückgegeben zu haben. Menschen, den es vielleicht nicht so gut geht wie einem selbst.

Wie gewöhnlich kommt die Pointe zum Schluss. Heute gibt es keine. Der rote Faden blitzt in den letzten Zeilen durch und soll noch einmal unterstreichen, dass es egal ist, über welches Thema sich Menschen auch unterhalten. Am Ende wird es immer Menschen geben, denen es nicht reicht und die nie zufrieden sein können – und solche, die wünschten annähernd so viel Glück zu haben, wie wir.
Danke an Craig für die Freigabe der wunderschönen Illustrationen der Spieler! Mehr gibts auf seiner Seite: http://www.craigmarcus.co.uk oder auf seinem Instagram Profil: https://www.instagram.com/craigmarcusuk/